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Der eine, der nicht um Hilfe rufen wollte, sondern geduldig wartete, starb in der Falle.

Hauptstadt: 

Nairobi

Jahr der Unabhängigkeit: 

1964

Bevölkerungsdichte: 

101 Einwohner pro km²

Religionen: 

86 % Christen, 11 % Muslime

Sprachen: 

Swahili, Englisch (+ 66 weitere)

Währung: 

Kenianische Schilling

Sehenswürdigkeiten: 

Lamu, Masai Mara, Mount Kenya, Tsavo Nationalpark, Turkana-See

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Blick ins Buch

(...)

   Eine Gruppe aus zehn Jugendlichen kreuzte meinen Weg.

   „Wohin gehst du?“

   „Ich weiß es nicht genau. Nach Hause.“

   „Wo ist das?“

   Genau das wusste ich ja nicht.

   „Ich wohne bei Ruth und ihrer Tochter Sarah.“

   Die Jungs sahen einander fragend an. „Die kennen wir nicht.“

Ich versuchte es, indem ich mein Zuhause auf Zeit beschrieb: „Das Haus ist weiß, es hat zwei Stockwerke“, ich überlegte weiter. „Es gehört eine Garage dazu. Und davor gibt es einen kleinen Laden, wo ich ein Mittel gegen Bettwanzen gekauft habe.“ Mehr wusste ich nicht.

   „Ich kenne das Haus!“, rief einer der Jungs trotz meiner miserablen Beschreibung.

   Euphorisch setzte sich die Gruppe in Bewegung. Sie hatten es zu ihrer Mission gemacht, mich zu retten.

   In Deutschland wäre es mir unheimlich gewesen, mit zehn mir unbekannten Jugendlichen durch die Dunkelheit zu irren. Komischerweise hatte ich in diesem Augenblick keine Angst. Ich freute mich darüber, Hilfe zu bekommen.

   Sie hatten es tatsächlich gefunden. Ich stand vor Ruths Haus und seufzte erleichtert. Nach neun geschüttelten Händen grinste mich der zehnte Junge an und sagte: „Ich möchte eine Umarmung.“

   Die bekam er natürlich.

   „Ich möchte auch eine Umarmung!“, kam es fast gleichzeitig aus neun Kehlen. Auch sie bekamen alle eine Umarmung, ehe ich endlich nach oben zu Ruth ging. Dort saß Ann, die seit Stunden auf mich gewartet hatte, wie ich nun erfuhr.

   Sie sah mich mit verweintem Gesicht an. „Da bist du ja endlich! Ich dachte schon, ich hätte meine Weiße verloren! Dann käme ich ins Gefängnis“, rief sie mit einer Mischung aus Verzweiflung und Erleichterung in der Stimme.

   „Deine Weiße?“, fragte ich. Ich kam mir vor wie ein Hündchen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr sich Ann für mich verantwortlich fühlte. Wie realistisch war ihre Angst? Hätte sie wirklich Probleme bekommen, wenn mir etwas passiert gewesen wäre?

   „Es tut mir wirklich sehr leid, Ann. Ich wusste nicht …“, begann ich.

   „Mir tut es leid! Ich hätte mehr Zeit für dich haben müssen!“

 

Ich wollte Ann nicht länger diese Verantwortung tragen lassen und machte mich auf den Weg nach Kilifi.

Am schwersten war der Abschied von Sarah. Es war einer der schwersten Abschiede auf meiner Reise.

   „Wenn ich aus der Schule zurückkomme, dann darfst du mich wieder auf deinen Schultern tragen“, rief sie und strahlte mich an.

   Es brach mir das Herz zu wissen, dass ich nicht mehr da sein würde, wenn sie zurückkam.

   „Dafür muss ich doch nicht warten! Ich kann dich doch jetzt auf meinen Schultern nach unten tragen“, schlug ich vor.

Ich konnte es nicht ertragen, ihr kleines Herz leiden zu sehen und verschwieg, dass ich abreisen würde. Ruth und ich hatten außerdem miteinander abgesprochen, Sarah zu sagen, dass ich einen wichtigen Anruf von zuhause bekommen hätte und sofort abreisen musste.

(...)

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